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Mehr können wir für unsere Kunden nicht tun?

Markt machen heißt, Selbstverständliches in Frage zu stellen

Die „Legende vom gesättigten Markt“ entsteht durch gedankliche Muster, die ich in „7 Kapitel von begrenzenden Selbstverständlichkeiten“ zusammengefasst habe.
Diese Selbstverständlichkeiten bauen aufeinander auf, beeinflussen und bedingen einander. Ihre Kultivierung täuscht Marktsättigung vor.

Kapitel 1 Wachstum ist eine Gerade nach oben? lesen Sie hier.
Kapitel 2 Kennen wir unser Geschäft und unseren Markt wirklich? lesen Sie hier.

Kapitel 3: Mehr können wir für unsere Kunden nicht tun?

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Dritte begrenzende Selbstverständlichkeit: „Mehr können wir für unsere Kunden nicht tun“

Kennen Sie dieses frustrierende Gefühl? Sie haben sich für einen Kunden ins Zeug gelegt und trotzdem kam das erlösende „Ja“ zur Zusammenarbeit nicht? Sie haben doch ohnehin alles getan, und der Kunde honoriert es nicht! Was sollen Sie denn noch alles tun, um ihn zu überzeugen? Lesen Sie hier, wie Sie vermeiden, durch noch mehr Aktion noch mehr vom Gleichen zu bieten.

 

Ich handle, daher bin ich

Wir leben in einem gesellschaftlichen Umfeld, dass sehr stark in Aktionen, in Handlungen, in „Tun“ denkt. Unser kollektives Gehirn konzentriert sich auf das, was jemand „tut“. Erinnern Sie sich an Ihr letztes Klassentreffen, bei dem Sie Ihre Klassenkolleginnen und -kollegen nach vielen Jahren wiedergesehen haben. Wie lautete die am häufigsten gestellte Frage, gleich nach „Wie geht es Dir?“ – „Und, was machst Du?“

Wir stellen diese Frage weniger aus Neugier, was sie oder er tut. Wir stellen die Frage, weil wir aus dem beruflichen Tun eines Menschen einiges ablesen: Soziales Ansehen, beruflichen Erfolg, finanzielle Situation. Berufsbezeichnungen aber auch Stellenbeschreibungen, Gehaltsschemata und Verwendungsgruppen orientieren sich daran „was jemand tut“. Überall wird uns signalisiert „Du bist nur das wert, was Du tust!“

Was kann ich für Sie tun?

Dieser „Wert des Tuns“ wird abhängig gemacht vom Lernaufwand, den es braucht, um das „Tun“ zu beherrschen. Je länger die Ausbildung, am besten akademisch, umso besser das Handeln. Darum sind Akademiker in den Gehaltsschemata der meisten Organisationen höher angesiedelt als Nichtakademiker. Und wir beschreiben was wir sind über das, was wir tun. Darum ist die Reaktion der Klassenkameraden bei der Antwort „Straßenkehrer“ eine andere als bei „Verkaufsleiter“. Wir definieren den persönlichen Status eines Menschen über sein berufliches Tun.

Im Umgang mit Kunden und Märkten führt die Konzentration auf das „Tun“ zu einer Wirklichkeitskonstruktion, in der Qualität und Leistung für Kunden durch „Tun“ entsteht. Als ob Kunden ihr Geld dafür gäben, dass der Verkäufer etwas für sie tut. Nicht umsonst lautet die Einstiegsfrage im Verkauf – das verkäuferische „Gestatten Sie …“ als Aufforderung zum Tanz mit dem Kunden – „Was kann ich für Sie tun?“ Doch ist das wirklich so? Wird Leistung schon durch Tun sichtbar? Ist jedes Tun schon Leistung?

An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen

Ohne Frage, Kunden kaufen Leistung. Doch das „Tun“ ist noch keine Leistung. Zur Leistung wird „Tun“ erst durch Wirkung. Wir sollten daher unseren Blick erweitern von unserem Tun auf unser Bewirken. Kunden kaufen Bewirken, nicht Tun. „ An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“ lautet einer alter Grundsatz. Und nur die „Früchte“, die der Verkäufer liefert, überzeugen den Kunden. Daher ist die Frage „Was können wir für unsere Kunden tun?“ ideenfeindlich. Sie engt den Handlungshorizont und damit den Markt von vornherein ein. Die Fragestellung sollte lauten „Was wollen und können wir für unser Kunden bewirken?“. So eröffnet sich ein weiterer Blick auf das Geschäft und seine Möglichkeiten.

Das Konzept des Denkens in Bewirken entspricht der Erweiterung des Förster’schen Postulats „Handle stets so, dass Du Deine Möglichkeiten vergrösserst“. Es kann nicht nur auf der operativen Ebene der Marktbearbeitung, sondern auch auf der strategischen Ebene sehr hilfreich und nützlich sein. Formulieren Sie Leitbilder auf der Ebene der Handlungen oder der Wirkungen? (meist werden sie auf der Ebene des „Seins“ formuliert: „Wir sind das führende Unternehmen …) Gehen Sie Ihre Unternehmensleitsätze einmal durch und formulieren sie um. Setzen Sie nicht nur Handlungsziele sondern auch Wirkungsziele. Sie werden staunen, wie sich Ihr Blick auf Ihre Märkte verändert und sich damit ihre Märkte verändern.

Aufgabe ist nicht, Aufgabe denkt man

Auf eine reizvolle Facette mache ich noch aufmerksam: Lassen Sie sich auf dieses Spiel mit dem Ebenenwechsel von Tun auf Bewirken auch in Ihrer persönlichen beruflichen Aufgabe ein: „Was tue ich in Erfüllung meiner Aufgabe? Was bewirke ich damit?“. Ihr Job sieht durch die „Brille Ihres Tuns“ betrachtet anders aus als durch die „Brille Ihres Bewirkens“. Und in diesem Perspektivenwechsel steckt viel Potenzial für Selbstmotivation, Klarheit und Leistungssteigerung. Möglicherweise erfinden Sie in Ihrer persönlichen Aufgabe wieder neue Möglichkeiten oder einen neuen Markt für sich, wenn sie darüber nachdenken, welche Wirkung Sie persönlich erzielen können und wollen.

Das Gleiche gilt natürlich für Ihre Kunden und Ihren Markt: Betrachtet durch die „Brille des Tuns“ sieht ihr Markt anders aus als durch die „Brille des Bewirkens“. Und da Ihre Kunden und Märkte ihr Geld in Wahrheit nur für Wirkung ausgeben, sollte Sie eigentlich immer die „Brille des Bewirkens“ aufbehalten und aus diesem Blickwinkel das Tun ableiten. Dann gelingt es Ihnen auch leichter, Ihr Geschäft vom Kunden her zu definieren (das ist das vom Kunden erhoffte Bewirken) und nicht von ihren Produkten (das ist das von Ihnen beherrschte Tun).

Der Unterschied, der den Unterschied macht

Bleibt nur noch zu klären „Wie erkennen wir unsere Wirkung,?“ Ganz einfach: Stellen Sie sich die Frage „Wie anders wäre die Welt, wenn das, was ich tue, von mir nicht getan würde und von niemandem anderen sonst? Wäre das ein Verlust oder ein Gewinn? Für wen?“. Und wenn Sie erkennen, die Nichtexistenz Ihres Tuns bedeutet für niemanden Verlust, dann sind Sie am Wege zur Erklärung dafür, warum Ihr Markt gesättigt ist. Warum soll jemand etwas kaufen, wenn es keinen Unterschied macht?

Ob die Nichtexistenz Ihrer Arbeit für Kunden Verlust oder Gewinn bedeutet, hängt von Ihrer und der Leistung Ihres Unternehmens ab. Somit ist es an der Zeit, sich mit der vierten begrenzenden Selbstverständlichkeit auseinanderzusetzen, die da lautet: „Mit unserer Leistung lösen wir die Probleme der Kunden“. Davon mehr das nächste Mal.